Bislang sind die Fallzahlen niedrig in Südafrika. Doch was passiert, wenn das Corona-Virus die Townships und überfüllten Innenstädte erreicht? Zwar ist die Bevölkerung Südafrikas sehr jung, 90 Prozent sind jünger als 60 Jahre. Viele Menschen sind jedoch durch das Immunschwäche auslösenden HI-Virus oder die Lungenkrankheit Tuberkulose gesundheitlich belastet. Geschätzte sieben Millionen Südafrikaner*innen sind HIV-positiv. Davon zwei Millionen nicht in Behandlung. Möglichkeiten zur Selbstisolation gibt es in den Townships nicht.

Corona-Quarantäne im Township?

Wie kann ich mich in einem Township, in einer Blechhütte voll Menschen, selbst unter Quarantäne stellen? Wie fülle ich Vorräte auf, wenn ich von der Hand in den Mund lebe? Was bedeuten Schließungen von Geschäften für Tagelöhner? Ich frage stellvertretend für einen ganzen Kontinent.“ – Everjoice Win, Twitter (Link)

Mehr als 25 Jahre nach dem Ende der Apartheid ist Südafrika immer noch eines der Länder mit der größten Ungleichheit auf der Welt. Dies wird besonders bei der Gesundheitsversorgung deutlich. 82 Prozent der in Südafrika lebenden Menschen haben keine Krankenversicherung und sind auf öffentliche Kliniken und Krankenhäuser angewiesen. Diese Einrichtungen sind überfüllt, unterbesetzt und nicht ausgestattet, um auf Infektionskrankheiten in diesem Ausmaß zu reagieren.

Fachkraft Marianne Gysae-Edkins berichtet aus Kapstadt

Unsere Fachkraft Marianne Gysae-Edkins hat sich nach ihrer Rückkehr aus Deutschland selbst unter Quarantäne gestellt. Ihre Kolleg*innen arbeiten möglichst von zu Hause. Ärmere Südafrikaner*innen jedoch nehmen die überfüllten öffentlichen Verkehrsmittel, um zu ihrer Arbeit zu kommen. Südafrika hat strenge Reisebeschränkungen für alle verhängt. Grenzen zu Nachbarländern, viele Häfen und Schulen sind geschlossen und die Menschen aufgefordert, soziale Kontakte möglichst zu reduzieren. Die Versammlungsfreiheit wurde eingeschränkt. „Die Menschen, die keinen Zugang zum guten wie teuren privaten Gesundheitssystem haben, wird es am härtesten treffen. Das sind die Armen in den Townships.“ sagt Marianne am Telefon. „Daher ist der Ansatz der südafrikanischen Regierung genau richtig, auch mit drastischen Maßnahmen die Ausbreitung so weit wie möglich zu verlangsamen.“

 

Moderierte Filmvorführungen stärken verantwortliches Handeln © STEPS

 

Unsere südafrikanische Partnerorganisation STEPS hat öffentliche angeleitete Filmvorführungen und eine für Mai geplante Konferenz von Menschenrechtsaktivist*innen verschoben. Ein Schwerpunkt der Arbeit von STEPS und der Partner*innen ist es, verantwortliches Handeln zu stärken – als einzelner sich selbst und anderen in der Gemeinschaft gegenüber.

Solidarität statt Panikkäufe und Panikposts

Verantwortliches Handeln fordert auch die Südafrikanerin Theodorah Manjo. Sie veröffentlicht auf Facebook (Link) eine Mitteilung an die Privilegierten:

Bitte denken Sie daran, dass es in Südafrika über 31 Millionen Menschen gibt, die keine „Panikkäufe“ tätigen können, wie Sie es gerade tun. Wenn Sie also die Tücher, die Desinfektionsmittel, das verdammte Toilettenpapier benutzen, denken Sie an diejenigen, die am Freitag auf den Lohn warten müssen, um wenigstens einen dieser Artikel zu bekommen, […] Machen Sie sich bewusst, dass eine schlechte Gesundheitsversorgung für Millionen Menschen in diesem Land täglich Realität ist!

Genauso wenn Sie Ihre Hände für 20 Sekunden am Stück waschen, mit laufendem Wasserhahn, 12 Mal am Tag… Es gibt Gegenden, die nur von 4 Uhr morgens bis 6 Uhr morgens Wasser bekommen […] und für den Rest des Tages keinen Tropfen haben. Das sind nur ein paar Dinge zum Nachdenken, während Sie Ihre Panikposts teilen.“

20.03.2020

Gepostet in: Aktuelles, Südliches Afrika: Stärkung von Menschen- und Bürgerrechten