Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben

Die Indigenen sind heute in Argentinien eine gesellschaftliche Randgruppe. Sie haben mit besonders drastischen sozialen Problemen zu kämpfen. Um der indigenen Bevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen braucht es „desarollo con identidad“ – „Entwicklung mit Identität“. Dabei geht es darum, die eigene Kultur zu bewahren, ohne sich dem Fortschritt zu verschließen. Unser Partner ProSoCo in der argentinischen Region Salta arbeitet auf dieses Ziel hin.

Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben

Die Indigenen sind heute in Argentinien eine gesellschaftliche Randgruppe. Sie haben mit besonders drastischen sozialen Problemen zu kämpfen. Um der indigenen Bevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen braucht es „desarollo con identidad“ – „Entwicklung mit Identität“. Dabei geht es darum, die eigene Kultur zu bewahren, ohne sich dem Fortschritt zu verschließen. Unser Partner ProSoCo in der argentinischen Region Salta arbeitet auf dieses Ziel hin.

Vom Straßenverkauf zum Onlineshop

Foto: Janet Juárez

Ausgerechnet Corona hat die Verwirklichung eines lang gehegten Vorhabens unserer argentinischen Partnerorganisation Prosoco möglich gemacht – den Aufbau einer Website für Kunsthandwerkprodukte und Informationen zur Vermarktung. Der Zugang zu zahlungskräftiger Kundschaft in weiter entfernten Großstädten Argentiniens wird damit vom Traum zur Realität. Das ist angesichts der pandemiebedingt gesunkenen Kaufkraft in der Projektregion ein großer Erfolg. Und auch in Zukunft wird die Website den Aktionsradius der indigenen Kleinstunternehmer*innen deutlich erweitern und ihnen damit neue Einkommenschancen ermöglichen.

Die Schaffung des kollektiven virtuellen Shops, den die Kleinstunternehmer*innen künftig selbst betreiben werden, war ihr ausdrücklicher Wunsch. Unterstützt wird das Vorhaben durch die Gemeinde Tartagal, die auch die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellt. Beteiligte Partner konnten dafür gewonnen werden, einen Rotationsfonds zu gründen. Damit werden von den Produzent*innen Produkte angekauft, die dann im Online-Shop weiterverkauft werden.

 

WFD-Partner unter Corona-Bedingungen

Der Weltfriedensdienst unterstützt seit mehreren Jahren indigene Gruppen in der Provinz Salta dabei, ihre Marginalisierung zu überwinden. Diese werden bei ihren unternehmerischen Aktivitäten mit dem Ziel beraten, ein Leben in Würde ermöglichen.

Unser Einsatzgebiet, das Departamento San Martín, war zeitweilig die von Corona am stärksten betroffene Region in der Provinz Salta. Ein halbes Jahr lang galt ein hartes Ausgangsverbot, sämtliche sozialen Kontakte waren auf Null reduziert. Während des Lockdowns gab es deshalb weder Kunsthandwerksmessen, noch war der Verkauf von Kunsthandwerk auf öffentlichen Plätzen möglich. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit verhinderte auch den Besuch von Kunden bzw. Großkäufern in den indigenen Gemeinden. Zudem ging vielen Kleinstunternehmer*innen der Rohstoff aus, den sie normalerweise aus dem entfernteren Buschwald holen. So mussten sie die Produktion von Taschen, Tischdecken und anderen kunsthandwerklichen Produkten einstellen.

Die Beratung der Zielbevölkerung – oft sehr zurückhaltenden und schüchternen Frauen – bedarf des physischen Kontakts. Die Projektmitarbeiter*innen versuchten zwar, die Besuche durch virtuelle Kontakte zu ersetzen, aber dies gelang nur zum Teil. Fortbildungen und Beratungen zu Produktentwicklung und Vermarktung – ein wichtiger Bestandteil des Projekts – mussten zunächst ausfallen. Inzwischen hat sich das Projektpersonal soweit qualifiziert, dass es auch virtuelle Fortbildungen anbietet.

 

Argentinien: weltweit  längster Lockdown

Argentinien ist das Land mit dem weltweit längsten Lockdown. Von Mai bis Oktober galten je nach Provinz und Ort verschiedene Quarantäne-Stufen: Vielerorts gab es sehr streng gehandhabte Ausgangssperren, jegliche Reisen sowie Inlands- und Auslandsflüge waren suspendiert. Doch das Land hat das Coronavirus noch nicht in den Griff bekommen. Konzentrierten sich im Mai 93 % der Corona-Fälle in Buenos Aires, waren es im November nur noch 22 %, denn die Pandemie hat sich in die Provinzen verlagert.

Wie überall auf der Welt trafen die Lockdown-Maßnahmen auch in Argentinien die Ärmsten am Empfindlichsten. Um die negativen Pandemie-Auswirkungen abzumildern, legte die nationale Regierung immerhin mehrere Notprogramme auf, darunter das Programm der befristeten Familien-Nothilfe, das ca. 9 Mio. Familien zugute kam.

 

08.01.2021

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Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben

Die Indigenen sind heute in Argentinien eine gesellschaftliche Randgruppe. Sie haben mit besonders drastischen sozialen Problemen zu kämpfen. Um der indigenen Bevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen braucht es „desarollo con identidad“ – „Entwicklung mit Identität“. Dabei geht es darum, die eigene Kultur zu bewahren, ohne sich dem Fortschritt zu verschließen. Unser Partner ProSoCo in der argentinischen Region Salta arbeitet auf dieses Ziel hin.

Als in der Provinz Salta sechs Kleinkinder aus der indigenen Gruppe der Wichí an Unterernährung und Wassermangel starben, erklärte die Provinzregierung Ende Januar den „sozial-sanitären Notstand“. Hilfsmaßnahmen sollen die betroffenen Gemeinden mit Nahrungsmitteln und Trinkwasser versorgen und sie bei Ernährung und Gesundheit beraten.

Unsere Partner-NGO Prosoco genießt das Vertrauen der betroffenen Wichí-Gemeinden. Sie beraten die Behördenvertreter und Multiplikatoren über Familienwirtschaft und Verbraucherrechte und wirken selbst bei der Verteilung von Lebensmitteln und Trinkwasser mit.

Aktuelle Bilder aus der Provinz Salta

Solidarität in Zeiten von Corona

Die durchschnittliche Kindersterblichkeitsrate lag in der Provinz Salta im Jahr 2017/18 bei 9,6 von 1000 (Quelle: Gesundheitsministerium Salta). Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Spende die lebensrettende Nothilfe für Hunderte Kinder aus Wichí-Gemeinden in der argentinischen Provinz Salta.

Abgehängt

Die Ruta 86 verwandelt sich im Sommer in eine Staubpiste, zur Regenzeit in eine Schlammwüste. Hier leben viele durch die Abholzung vertriebene Wichí-Gemeinden, die früher von Sammeln und Jagen gelebt haben.

Schutzlos

Diese Unterkunft bietet keinen Schutz vor starkem Regen und Wind. Hier lebt eine neunköpfige Familie. Das kleinste Kind ist ein paar Monate alt, das älteste 16.

Durstig

Ein Tanklaster von der Gemeindeverwaltung befüllt alle vier Tage die Wassertanks) der Wichí-Gemeinde Misión Perez mit Wasser. Kommt das Wasser erst nach 6 Tagen, ist das für unterernährte Kinder lebensbedrohlich.

Kein sauberes Trinkwasser

Das dünne Rohr rechts ist eine von 2 Wasserstellen im Dorf. Hinter der Decke die einzige Dusche. Auf engstem Raum wird Wasser zum Trinken und Kochen, Duschen und Wäschewaschen entnommen. Das Trinkwasser ist verschmutzt.

Prekäre Hygiene

Im Vordergrund befindet sich die Müllsammelstelle, im Hintergrund, mit schwarzem Plastik abgedeckt, die einzige Latrine für ca. 40 Menschen.

Krisensitzung

Auf einer von Prosoco einberufenen Sitzung vereinbaren Behörden- und NGO-Vertreter sowie Ärztinnen Nothilfemaßnahmen für die am Stärksten betroffenen Wichí-Gemeinden.

Nothilfe

Die Mitarbeiter*innen von Prosoco arbeiten seit langem mit den Wichí, man vertraut ihnen. Sie versorgen die bedürftigsten Gemeinden, vor allem die Kinder, mit Grundnahrungsmitteln wie Milchpulver, Mehl und Zucker.

Bitte unterstützen Sie mit Ihrer Spende die lebensrettende Nothilfe für Hunderte Kinder aus Wichí-Gemeinden in der argentinischen Provinz Salta.

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22.03.2020

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Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben

Die Indigenen sind heute in Argentinien eine gesellschaftliche Randgruppe. Sie haben mit besonders drastischen sozialen Problemen zu kämpfen. Um der indigenen Bevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen braucht es „desarollo con identidad“ – „Entwicklung mit Identität“. Dabei geht es darum, die eigene Kultur zu bewahren, ohne sich dem Fortschritt zu verschließen. Unser Partner ProSoCo in der argentinischen Region Salta arbeitet auf dieses Ziel hin.

Über 30 Kunsthandwerkerinnen begingen den Abschluss einer vom Weltfriedensdienst geförderten Workshop-Reihe mit einer Ausstellung. Diese zog viele interessierte Besucher*innen an, darunter Privatpersonen und Unternehmer*innen.

Das Auditorium der Gemeindeverwaltung von Tartagal, einer Stadt im Norden Argentiniens nahe der bolivianischen Grenze, gehört heute etwa 30 indigenen Frauen aus den Ethnien der Chané, Wichi, Guaraní und Chorote. Meist müssen sie ihre Produkte am Straßenrand zu Dumpingpreisen verkaufen, damit die Familie am nächsten Tag zu essen hat. Heute fühlen sie sich als Künstlerinnen.

Auf Tischen und Holzbänken haben sie ihre farbenprächtigen Produkte liebevoll und dekorativ aufgebaut: die Weberinnen Taschen, Rucksäcke, Beutel, Strohtiere, Mobilés, Schmuck und Körbe und die Töpferinnen Tiere, Vasen, Becher, Kerzenständer aller Größen. Einige der Frauen erkennt man auf den überlebensgroßen Fotos, die den Produktionsprozess zeigen – das Formen des Tons, die Ernte der Lianenart Chaguar, die dann aufwändig zu einer stabilen Faser weiterverarbeitet wird, das Biegen von Weidengerten zu Körben.

Die Ministerin für indigene Angelegenheiten der Provinz Salta ist nicht die Einzige, die hier auch einkauft. Schnell füllt sie ihren neu erworbenen großen Einkaufskorb mit lokalen Produkten, die ihre Gäste künftig als repräsentatives Geschenk erhalten sollen. Und viele der Besucher*innen geben größere Bestellungen auf, was neu und aufregend für die Frauen ist. Bisher lebten sie von der Hand in den Mund.

Weltfriedensdienst unterstützt lokale Partner-NGO zum Angebot von Workshops mit Praxisbezug

Die Ausstellung ist der feierliche Abschluss einer Workshop-Reihe. Diese hatte PRO.SO.CO, die lokale Partner-NGO des Weltfriedensdienst, im Rahmen des gemeinsamen Projekts seit Mai 2019 realisiert. Ziel war es, das lokale Kunsthandwerk als Ausdruck der kulturellen Tradition der Gemeinden in Wert zu setzen. Dieses hochspezialisierte Handwerk soll künftig mehr als bisher zur sicheren Einnahmequelle für die Produzentinnen und ihre Familien werden.

Die Weberinnen haben in den Workshops gelernt, die Gestaltung noch besser dem Bedarf anzupassen und durch den Einsatz von recyceltem Plastik Arbeitszeit zu sparen. Bei der Ausstellung zeigen Frauen bereits Stücke, die z.T. aus Recycling-Material bestehen, ohne dabei an Attraktivität zu verlieren.

Bei den Keramik-Workshops konnten die Frauen ein traditionelles Handwerk wieder auffrischen, das viele schon aufgegeben hatten. Unter fachgerechter Anleitung bauten sie einen Ofen, der ihnen erlaubt, ihre Stücke bei höheren Temperaturen als bisher zu brennen. (Dass die Frauen die Neuerung schätzen, belegt, dass schon wenige Tage später eine Kursteilnehmerin den Ofen nachgebaut hatte.) Außerdem lernten sie neue Färbetechniken kennen. Sie können nun haltbarere Produkte in kräftigeren Farben produzieren.

Beide Gruppen einigten sich zudem jeweils auf eine Markenbezeichnung, um ihre Produkte künftig gemeinsam zertifizieren zu lassen und vermarkten zu können. Die Frauen haben vereinbart, auch in Zukunft ihre Erfahrungen auszutauschen.

Die Kommentare der Besucher*innen, die hohen Verkaufszahlen und die Vorbestellungen, zeigten: Die Aussichten der Kunsthandwerkerinnen haben sich spürbar erhöht, mit ihren Produkten Einkommen zu erzielen, die sie und ihre Familien ernähren. Genau das ist erklärtes Ziel des dreijährigen Projekts.

Lokale Meinungen zur Förderung der Indigenen Kultur

„Wir waren vergessen. PRO.SO.CO [die lokale Partner-NGO des Weltfriedensdienst] hat uns beigebracht, wie wir noch schönere Produkte herstellen können. Ihr habt uns zusammengebracht und uns gezeigt, was unsere Tradition wert ist.“
– Marcela Gomez, Weberin

„Mehr als der materielle Wert und mehr als die Arbeitszeit zählt die Tradition, die von unseren Großmüttern überlieferte Kultur, der ideelle Wert, der in den Produkten steckt.“
– Cazica Francisca Mendoza, Töpferin

„Bei den Workshops von PRO.SO.CO lernen die Frauen, den Preis ihrer Arbeit zu kalkulieren, die Bedürfnisse der Kunden zu verstehen und ihre Ware anzubieten. Diese Workshops sind der erste Schritt, damit sie mit hochwertigeren Produkten ihre materielle Situation und die ihrer Familien verbessern können.“
– Edith Azucena Cruz, Ministerin für indigene Angelegenheiten der Provinz Salta

Vision für die Zukunft: Mehr Sichtbarkeit für Indigene Kunsthandwerkerinnen

Der große Erfolg dieser Premiere beflügelt die Überlegungen bei PRO.SO.CO und dem eng mit der Organisation zusammenarbeitenden Sekretariat für Kultur und Tourismus von Tartagal, die Einrichtung einer ständigen Ausstellung in Angriff zu nehmen. Ein solches Vorhaben, für das noch eine Finanzierung gefunden werden muss, würde die Sichtbarkeit erhöhen, aber auch das Selbstwertgefühl der Kunsthandwerkerinnen deutlich stärken. Und es würde auch bei der Kundschaft – lokalen Unternehmern wie Hotelbesitzern und Touristen das Bewusstsein für den Wert des indigenen Kunsthandwerks und damit die Bereitschaft, dafür einen fairen Preis zu zahlen, steigern.

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03.11.2019

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Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben

Die Indigenen sind heute in Argentinien eine gesellschaftliche Randgruppe. Sie haben mit besonders drastischen sozialen Problemen zu kämpfen. Um der indigenen Bevölkerung ein Leben in Würde zu ermöglichen braucht es „desarollo con identidad“ – „Entwicklung mit Identität“. Dabei geht es darum, die eigene Kultur zu bewahren, ohne sich dem Fortschritt zu verschließen. Unser Partner ProSoCo in der argentinischen Region Salta arbeitet auf dieses Ziel hin.

Unsere Fachkraft Alicia Rivero und Marcela Roldán von unserer Partnerorganisation „ProSoCo“ erklären im Jahresbericht 2017, wie sie indigene Gemeinschaften durch die Förderung von KleinunternehmerInnen in ihrem Überlebenskampf und dem Erhalt ihrer Kulturen unterstützen.

Während in Argentinien insgesamt nur ca. 2 % der Gesamtbevölkerung Indigene sind, lebt in unserer Projektregion, dem Department General San Martín der Provinz Salta im Norden Argentiniens, eine relativ große indigene Bevölkerungsgruppe, insbesondere der Völker Guaraní, Chané und Wichí. Der Mangel an Arbeitsplätzen, die sich ausbreitende Plantagenwirtschaft (insbesondere Sojaanbau) und die damit einhergehende Landvertreibung, die Abholzung der Wälder und die Effekte des Klimawandels haben zu schwindenden Lebensgrundlagen dieser indigenen Gemeinschaften geführt und verschlimmern ihre Marginalisierung. Beträgt die Armutsrate in Argentinien insgesamt nur 12,5 % liegt sie bei den indigenen Gemeinschaften in der Projektregion bei 60-70 %.

Auf Erdöl sitzend und trotzdem arm

Riesige Erdgasrohre führen durch Campo Durán, einer indigenen Gemeinschaft, 20 km von der bolivianischen Grenze entfernt. Hier ist der wichtigste Verteilerknoten für alle fossilen Brennstoffe, die im Norden Argentiniens gefördert werden. Doch die BewohnerInnen selbst haben keinen Zugang zum dort geförderten Gas. Bis zu ihrer Privatisierung in den 1990er Jahren waren die Ölraffinerien der Region immerhin ein bedeutender Arbeitgeber. Seitdem nahm die Arbeitslosigkeit enorm zu. 55 % der Jugendlichen des Departements sind arbeitslos. Landflucht in die großen Städte Argentiniens ist für die junge indigene Bevölkerung daher oft der einzige Ausweg. Ihre Gemeinschaften verlieren damit ihren produktiven Nachwuchs, die Sorge um die Alten und das Land. Und sie verlieren die Fortexistenz ihrer Kultur. Viele Familien sprechen nicht mehr in ihrer Muttersprache mit den Kindern, sondern in Spanisch, da sie vor Ort keine Perspektiven mehr für sie sehen.

Ohne Job- und Ausbildungsmöglichkeiten ist für die jungen Leute hier, an der Drogenroute nach Bolivien, auch die Versuchung des schnellen Geldes durch Drogenschmuggel groß. Dazu trägt auch die gesellschaftliche Diskriminierung der indigenen Bevölkerung bei, die ihre soziale und berufliche Integration erschwert.

Vor diesem Hintergrund startete unser Projektpartner ProSoCo (Programas Sociales Comunitarios) mit einem an die lokalen indigenen Kulturen angepassten Modul im Lehrplan der von ihr betriebenen Berufsfachschule „Escuela de la Familia Agrícola“ (EFA): Indigene Jugendliche lernen hier, wie sie mittels Kleinunternehmertum selbstbewusst und eigenständig Einkommen erwirtschaften können. Mittlerweile werden die Module auch an weiteren Schulen in der Projektregion unterrichtet.

Neben der Ausbildung der SchülerInnen und der Fortbildung der LehrerInnen baute ProSoCo auch ein BeraterInnenteam auf, das vom KleinunternehmerInnen-Zentrum an der EFA aus berät. Die BeraterInnen begleiten die jungen UnternehmerInnen bei der Entwicklung ihrer Unternehmensidee: Welche Kleinkreditprogramme und Möglichkeiten zur Vernetzung gibt es? Wie können Synergien untereinander bei Beschaffung, Produktion und Vermarktung genutzt werden, auch in Form kollektiver Unternehmen? Wie können wir unsere Produkte hochwertiger und auch jenseits unserer lokalen Märkte vermarkten? Neben den UnternehmerInnen-Kursen und Beratungen organisieren sie Ideenwettbewerbe, lokale Produktmessen, gemeinsame Besuche anderer Messen im Land und Treffen mit staatlichen Behörden oder Unternehmerverbänden für bereits aktive indigene UnternehmerInnen.

Stabileres Einkommen

In Campo Durán realisierte ProSoCo im Jahr 2015 ein erstes Entrepreneurship-Training. Bei dieser Fortbildung lernten die TeilnehmerInnen u.a. die Herstellungskosten einer rituellen Chané-Holzmaske abzuschätzen. Bis dahin hatten die Handwerker z.B. noch nie den Wert ihrer eigenen Arbeitskraft berücksichtigt. Auch andere Kosten der Herstellung lernten sie einzubeziehen. Am Ende konnten die HandwerkerInnen die Preise ihrer Produkte im Verhältnis zu den Herstellungskosten und Marktpreisen kalkulieren und sich in einem zweiten Schritt um eine entsprechende Vermarktung auch jenseits ihrer lokalen Märkte bemühen.

Um das indigene Unternehmertum in der Region nachhaltig zu stärken, hat das Projekt einen Runden Tisch etabliert. Dieser setzt sich zusammen aus den Gemeindeverwaltungen vor Ort, dem Ortsverband der KleinunternehmerInnen, dem Ministerium für Indigene Angelegenheiten der Provinz Salta und VertreterInnen der indigenen UnternehmerInnen. Er trifft sich mindestens vier Mal im Jahr. In diesem Rahmen werden gemeinsame Aktivitäten wie Produktmessen oder die Kooperation mit nicht indigenen UnternehmerInnen geplant und ein erweiterter Zugang zu staatlichen Dienstleistungen ermöglicht. Neben dieser verbesserten regionalen Zusammenarbeit werden die Interessen der indigenen UnternehmerInnen im Austausch mit verschiedenen Ministerien auch überregional eingebracht und vertreten.

Dr. Alicia Rivero, Argentinien – Unsere Mitarbeiterin im Projekt Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben
Marcela Roldán, Argentinien – Mitarbeiterin unserer Partnerorganisation ProSoCo

28.09.2018

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