Regel 5: Nach jedem Streit umarmen!

So lautet die Friedensbotschaft des Gewinners des Friedensfilmpreises 2020. Der mexikanische Regisseur Samuel Kishi Leopo nahm für seinen autobiografisch inspirierten Film „Los Lobos / Die Wölfe“ den 35. Friedensfilmpreis der Berlinale entgegen.

Bedrückend und rührend zugleich erzählt der Film aus der Perspektive zweier Kinder von Armut, Heimatverlust und Migration. Der Friedensfilmpreis ist eine Kooperation zwischen der Heinrich-Böll-Stiftung, der Friedensinitiative Zehlendorf e.V. und dem Weltfriedensdienst und wird jährlich im Rahmen der Berlinale vergeben.

Los Lobos erhält Friedensfilmpreis

Ein unmöbliertes, karges Zimmer in einem Apartment-Komplex in einer US-amerikanischen Kleinstadt. Der Teppichboden ist schmuddelig und die Wände nicht mehr ganz weiß; Die Sonne bahnt sich, gedämpft durch ein paar alte Vorhänge vor dem einzigen Fenster, ihren Weg ins Zimmer. Zwei kleine Jungen spielen Fußball mit einem zusammengeknüllten Blatt Papier. Um sie herum liegen einige wenige Spielsachen verstreut auf dem Boden, darunter ein Kassettenrekorder. Man hört ein Klacken und das Knistern des abspulenden Bandes – dann die Stimme der Mutter. Sieben Regeln hat sie für das Zusammenleben in der kleinen Einzimmerwohnung auf Kassette gesprochen. Regel 5 lautet: Nach jedem Streit umarmen!

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Der Film „Los Lobos“ taucht ein in die Welt zweier Brüder, Max und Leo. Herausgerissen aus dem Alltag in ihrer Heimat Mexiko müssen sie nun erleben, was es heißt, in einem fremden Land ein neues Leben zu beginnen. Im zarten Alter von fünf und acht Jahren werden sie konfrontiert mit den Widrigkeiten der Migration, Armut und dem Gefühl, in einem Land nicht willkommen zu sein. Während ihre Mutter in schlecht bezahlten Jobs für das Überleben der Familie kämpft, erleben die beiden Jungs lange, einsame Tage in ihrem kleinen Apartment. Nach all den Rückschlägen, die die kleine Familie in ihrer Anfangszeit in den USA erleben muss, sind es die Kinder, die immer wieder auf Versöhnung bestehen. Damit setzen sie ein bedeutendes Zeichen, das auch die Erwachsenen nicht übersehen können.

Preisverleihung auf der Berlinale 2020

Der Friedensfilmpreis wurde 1986 im UNO-Jahr des Friedens durch Berliner Friedensinitiativen ins Leben gerufen. Seitdem wird er jährlich sektionsübergreifend im Rahmen der Berlinale vergeben. Der Preis ist die weltweit einzige Auszeichnung eines A-Filmfestivals für Filme, die sich mit ihren sozialpolitischen Inhalten der Förderung eines friedvollen und gerechten Miteinanders verschrieben haben. Neben der Heinrich-Böll-Stiftung und der Friedensinitiative Zehlendorf gehört auch der Weltfriedensdienst zum Trägerkreis des Filmpreises. In einem regelrechten Film-Marathon nahm die diesjährige Jury während der Berlinale über 20 Werke aus allen Genres und Wettbewerbskategorien unter die Lupe. Beurteilt werden die Filme hinsichtlich ihres friedenspolitischen Inhalts sowie der ästhetischen Umsetzung.

Übergabe des Preises an Regisseur Samuel Kishi Leopo (mitte) durch Judith Ohene (rechts) und Ellen Überschär (links).

Den Höhepunkt der Preisverleihung bildete die feierliche Übergabe der Bronzeplastik des Künstlers Otmar Alt durch Judith Ohene, Geschäftsführerin des Weltfriedensdienst, und Ellen Überschär, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung. Regisseur Samuel Kishi Leopo dankte gerührt und bezeichnete den autobiografischen Film in seiner Rede als eine „Liebeserklärung an seine Mutter“. Der Preis ist mit einem Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro dotiert..

Was bringt ein Filmpreis für den Weltfrieden?

Unsere Welt ist gezeichnet von Krieg, Ausbeutung und Ungerechtigkeit. Die aktuellen politischen Entwicklungen lassen vermuten, dass sich dies auch in naher Zukunft nicht so schnell ändern wird. Natürlich wird die Auszeichnung eines Filmes mit dem Friedensfilmpreis diese Zustände nicht über Nacht verbessern. Das kann und soll ein einziger Film auch gar nicht leisten. Vielmehr geht es darum, das Publikum für diese Probleme zu sensibilisieren und benachteiligten Menschen Gehör zu verleihen. Wie keinem anderen Medium gelingt es Filmen durch bewegende Bilder tiefe Emotionen in uns zu wecken, uns mitzureißen, zu inspirieren und den Einen oder die Andere zum Handeln zu motivieren.

Auch der diesjährige Gewinner „Los Lobos / Die Wölfe“ versucht nicht, große Antworten auf die Probleme unserer Welt zu liefern. Gerade darin besteht jedoch das Erfrischende. Ungefiltert und ehrlich versetzt der Film das Publikum in die Situation der beiden Brüder und führt es auf zutiefst emotionaler Ebene an das politisch hochbrisante Thema der Migration heran. „Der sensibel und zärtlich erzählte Film schlägt sich radikal auf die Seite der Menschlichkeit“, begründet die Jury ihre Entscheidung. „In diesem Film sprechen Kinder zu Kindern und auch die Erwachsenen können nicht anders, als ihnen zuzuhören. Poetisch, mutig und kämpferisch zeigt uns der Film, was es bedeutet, in einem anderen Land eine neue Existenz aufzubauen.“

Filmdaten, Jury & Laudatio 2020

„Los Lobos“/“Die Wölfe“
von Samuel Kishi Leopo
mit Maximiliano Nájar Márquez, Leonardo Nájar Márquez, Martha Reyes Arias, Cici Lau, Johnson T. Lau
Mexiko 2019, 95 Min, Spanisch, Englisch, Kantonesisch, Untertitel: Englisch

Jury: Miraz Bezar (Regisseur), Jean Peters (Peng! Kollektiv), Tamara Erbe (Regisseurin, Produzentin), Gerd Brendel (Journalist und Theologe), Helgard Gammert (Medienpädagogin), Andreas Höfer (Kameramann), Esther Slevogt (Publizistin, Chefredakteurin nachtkritik.de)

Jury des Friedensfilmpreises 2020. (Quelle: Stephan Röhl)

Laudatio: Herunterladen (PDF, 25 kb)

19.03.2020

Gepostet in: Aktuelles