Bio ist nicht gleich Wasserschutz
Ob in Afrika, Asien, Lateinamerika oder Europa: Ohne Wasser können wir keine Landwirtschaft betreiben. Und ohne Landwirtschaft haben wir keine Nahrungsmittel.
70 % des weltweit verfügbaren Frischwassers wird von der Landwirtschaft zum Anbau unserer Lebensmittel genutzt. Das Wasser geht im globalen Kreislauf aus Verdunstung und Niederschlag nicht verloren, doch ein erheblicher Anteil wird als Folge der landwirtschaftlichen Aktivitäten verschmutzt.
Grundwasser ist der meistgenutzte Rohstoff der Welt.
70 % des Trinkwassers in Deutschland werden aus Grundwasser gewonnen.
Ökologische Landwirtschaft wirkt sich positiv auf den Wasserfußabdruck von Lebensmitteln aus.
Bio-Siegel sagen nichts über den Wasserschutz aus.
Grundwasser – der wertvollste Rohstoff der Welt
Auf dem Blauen Planeten Erde macht Salzwasser 97 % der Wasservorkommen aus. Übrig bleiben demnach 3 % Süßwasser. Der Großteil davon ist gebunden, zum Beispiel in Gletschern. Dadurch kann es nicht genutzt werden. Gerade einmal 0,3 % des Süßwassers sind für den Menschen direkt zugänglich, beispielsweise aus Flüssen, Seen oder Grundwasserspeichern. Demzufolge ist süßes Grundwasser eine rare Ressource, mit der nachhaltig umgegangen werden sollte.
Etwa zwei Milliarden Menschen versorgen sich heute mit Grundwasser. Das ist grundsätzlich nicht schlimm: Denn durch den Wasserkreislauf der Erde bildet es sich immer wieder neu und ist dauerhaft nutzbar. Problematisch wird es, wenn es zu lange nicht regnet, sodass sich die Grundwasserspeicher nicht wieder füllen, oder wenn das Grundwasser zu stark verunreinigt wird.
Trinkwassers aus Grundwasser
70 % des Trinkwassers in Deutschland wird aus Grundwasser gewonnen. Sowohl die Grundwassermenge als auch sein Zustand sind abhängig vom Nutzungsdruck des Menschen. Dieser steigt insbesondere durch die Landwirtschaft.
In Deutschland und auch überall sonst auf der Welt dominiert die industrialisierte Landwirtschaft. Dort werden mineralische Stickstoffdünger und stickstoffhaltige Futterimporte, wie Soja, eingesetzt. Böden spielen oft nur noch die Rolle des Pflanzenbettes. Bodenerosion und der damit einhergehende Verlust an Humus und Bodenleben wird aus Effizienzgründen in Kauf genommen. Die Folgen werden mit künstlicher Bewässerung, Düngemitteln und Pflanzenschutzmitteln bekämpft. Ein großer Teil dieser von außen zugeführten Nährstoffe fließt im Wortsinn durch das System hindurch und landet in Grund- und Oberflächengewässern. Hinzu kommen die Verschmutzung durch Medikamente und die Nitratbelastung durch Gülle aus der Tierhaltung.
Das verschmutzte Wasser fließt über die Oberflächengewässer, wie Bäche und Flüsse, in die Meere oder versickert ins Grundwasser. Die Folgen sind hohe gesundheitsgefährdende Nitratbelastungen im Grundwasser – also auf jenes Wasser, aus dem unser Trinkwasser gewonnen wird – bis hin zur Zerstörung aquatischer Ökosysteme und wachsende tote Zonen in den Meeren, wenn verschmutze Oberflächengewässer ins Meer strömen.
Ökolandbau ist gut für den Wasserfußabdruck von Lebensmitteln
Ökologische Landwirtschaft hingegen arbeitet weitgehend mit geschlossen Nährstoffkreisläufen, also ohne externe Nährstoffzuflüsse. Luftstickstoff-bindende Pflanzen und die Versorgung von Tieren mit Futter von betriebseigenen Weide- oder Ackerflächen sind wichtige Eckpfeiler. Die Anzahl der Tiere samt ihrer Ausscheidungen ist an die verfügbare Fläche gekoppelt. Eine Überdüngung und Nährstoffauswaschung in Gewässer kann so vermieden werden.
Außerdem ist die Erhaltung und Verbesserung der natürlichen Bodenfruchtbarkeit unverzichtbar für die ökologische Landwirtschaft. Insbesondere die obere Bodenschicht, der Humus, bildet den Lebensraum für unzählige Bodenorganismen und ist Grundlage für die Versorgung von Pflanzen mit Nährstoffen. Er sorgt auch für ein stabiles Bodengefüge mit der Fähigkeit, Nährstoffe und Wasser langfristig und effektiv zu speichern.
Österreichische Forschende fanden heraus, dass der Anteil an grünem und blauem Wasser in der konventionellen und ökologischen Landwirtschaft etwa gleich hoch ist. Der Unterschied liegt im verschmutzten Wasser: Vor allem geringere Nitrateinträge sowie der Verzicht auf chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel verursachen eine deutlich geringere Gewässerbelastung. Das wirkt sich positiv auf den Wasserfußabdruck von Bio-Lebensmitteln aus.
Bio-Siegel sagen nichts aus über den Wasserschutz
Das EU-Bio-Siegel und das deutsche Bio-Siegel enthalten genaue Regelungen für die Verwendung von Pestiziden und chemischen Düngemitteln. Durch den Verzicht auf Pestizide und Dünger wird indirekt eine gewässerschonendere Landwirtschaft zertifiziert – aber nicht garantiert, da Wasser kein eigenes Kriterium ist.
Wegen der erhöhten Nachfrage nach Bioprodukten drängen mehr und mehr industriell wirtschaftende Betriebe auf den Bio-Markt. So können z. B. Gemüse-Großfarmen, die das spanische Andalusien mit ihren Folientunneln überziehen, durch den Verzicht auf schnell lösliche mineralische Dünger und synthetische Pflanzenschutzmittel das EU-Bio-Siegel bekommen, obwohl sie durch intensive Bewässerung die Gewässer in dieser Trockenregion massiv übernutzen.
Auch interessant: In der Tierhaltung erlauben alle gängigen Biosiegel den Zukauf von Futter, das EU-Biosiegel sogar die Verwendung von konventionell erzeugtem Futter. Damit ist nicht auszuschließen, dass indirekt z. B. die Abholzung von Regenwald in Brasilien als Bio zertifiziert wird.
Aber es gibt auch eine Reihe von traditionellen Bio-Bauernverbänden wie beispielsweise Naturland, demeter oder Bioland. Ihre Kriterien sind strenger – mit verbindlichen Vorschriften für die Verwendung von Betriebsmitteln und Rohstoffen aus der Region und einer genauen Reglementierung für das Ausbringen von Pestiziden und chemischen Düngemitteln. Damit haben sie einen deutlich geringeren Wasserfußabdruck.
Um den eigenen Wasserfußabdruck zu senken, sollten Sie bei Lebensmitteln auf die Herkunft aus nachhaltiger Landwirtschaft zu achten. Leider sind Bio-Siegel dabei nur begrenzt aussagekräftig.
Produkte aus konventionellen, aber nach den Prinzipien guter landwirtschaftlicher Praxiswirtschaftenden Familienbetrieben der Region, haben oft einen weniger bedenklichen Wasserfußabdruck als Produkte aus industriell wirtschaftenden Bio-Betrieben.
Wer auf regionale Produkte achtet, ist automatisch saisonal unterwegs und vermeidet mit seinem Konsum die Belastung des Wasserhaushaltes von Trockenregionen.
Einstiegsbild: Kleinbäuerin im Senegal © Pronat/WFD