Ob in Milch, Fleisch, Schokolade, Kleidung oder Technik – in jedem Produkt steckt weitaus mehr Wasser, als auf den ersten Blick erkennbar ist. Denn Wasser steckt nicht nur in den Gütern selbst – auch zu deren Herstellung werden große Mengen gebraucht. Dieses Wasser wird „virtuelles Wasser“ genannt. Das Konzept geht auf den britischen Wissenschaftler John Anthony Allan zurück.
Was ist eigentlich virtuelles Wasser?
Man unterscheidet zwischen drei Kategorien von virtuellem Wasser:
- Grünes virtuelles Wasser steht für eine natürliche Bewässerung, vor allem durch Regenwasser.
- Blaues virtuelles Wasser wird zur Nutzung aus Grundwasserspeichern, Flüssen und Seen entnommen und im Anschluss nicht wieder zurückgeleitet. Damit werden beispielsweise landwirtschaftliche Flächen bewässert.
- Graues virtuelles Wasser ist Wasser, das bei der Herstellung eines Produkts verschmutzt wird. Das passiert zum Beispiel, wenn Düngemittel oder Pestizide aus der Landwirtschaft ins Grundwasser gespült werden. Auch Chemikalien, die z. B. in der Textilindustrie eingesetzt werden, verschmutzen das Wasser. Bevor graues virtuelles Wasser wieder nutzbar ist, muss es so weit verdünnt werden, dass die Verschmutzung ein ungefährliches Maß erreicht.
Wasserfußabdruck – ein Blick auf die Art des virtuellen Wassers lohnt sich
Durch wasserbewussten Konsum können wir zur Schonung der lebenswichtigen Ressource Wasser beitragen. Damit helfen wir mit, die Trockengebiete unserer Erde nicht noch weiter zu entwässern.
Um den Wasserfußabdruck eines Produktes zu ermitteln, lohnt sich ein Blick auf die Art des dafür eingesetzten virtuellen Wassers. Stammen die Rohstoffe aus einer niederschlagsreichen Region oder wurden sie mittels künstlicher Bewässerung in einem Trockengebiet angebaut? Wurden umweltbelastende Stoffe eingesetzt, um das Produkt herzustellen?
70 % des Süßwasservorkommens der Erde wird in der Landwirtschaft verwendet.
In einer Tasse Kaffee stecken im Durchschnitt 132 l virtuelles Wasser – fast eine ganze Badewanne.
Um ein T-Shirt aus Baumwolle herzustellen, werden im Durchschnitt rund 2.500 l Wasser benötigt. 13 % dieser Wassermenge sind graues virtuelles Wasser – also Wasser, das bei der Herstellung von Kleidung verschmutzt wird. Das sind 325 l.
Der Blaue Planet = endlos blaues virtuelles Wasser für die Landwirtschaft?
Unsere Erde ist zu über zwei Dritteln mit Wasser bedeckt. Da sollte der Einsatz von blauem virtuellem Wasser in der Landwirtschaft unproblematisch sein, oder?
Ganz so leicht ist es nicht: Tatsächlich sind 97 % des weltweiten Wasservorkommens Salzwasser. Übrig bleiben demnach 3 % Süßwasser. Doch der Großteil des Süßwassers ist gebunden, z. B. in Gletschern. Dadurch kann es nicht genutzt werden. Gerade einmal 0,3 % des Süßwassers sind für den Menschen direkt zugänglich, beispielsweise aus Flüssen oder Seen. Demzufolge ist Süßwasser eine rare Ressource, mit der wir nachhaltig umgehen müssen.
Wenn Produkte wie Mangos oder Mais in niederschlagsarmen, heißen Gegenden angebaut werden, muss der Wasserbedarf künstlich gestillt werden. Dafür wird Grundwasser entnommen – blaues virtuelles Wasser. Dadurch werden Trockengebiete zunehmend entwässert. Das schadet nicht nur dem Ökosystem, sondern auch den vor Ort lebenden Menschen. Es macht also einen Unterschied, wo unsere Produkte herkommen und wie sie bewässert wurden!
Beim nächsten Einkauf ein Augenmerk auf das Herkunftsland des jeweiligen Produkts legen. Dieses ist nicht immer sofort erkennbar – ein näherer Blick auf die Etikettierung gibt Klarheit. Anstatt zu Gütern aus Trockengebieten besser zu Produkten greifen, die aus regenreichen Gebieten stammen.
Produkte aus Trockengebieten bewusst konsumieren. Sei es die Avocado auf dem Brot oder die Mango im Salat – achtsamer Genuss schont das Wasservorkommen, die Umwelt und zugleich den Geldbeutel.
Beim Kauf von Kaffeebohnen daran denken, die Sorte „Arabica“ zu wählen und das Anbaugebiet zu berücksichtigen. Niederschlagsreiche Hochlandregionen sind gegenüber regenarmen Tieflandregionen zu bevorzugen.
T-Shirts aus Baumwolle in Maßen statt in Massen kaufen. Beim Kauf auf die Herstellung aus Bio-Baumwolle achten: Hier dürfen keine Pestizide oder Kunstdünger zum Einsatz kommen.
Einstiegsbild: Symbolbild „Virtuelles Wasser“ © CANVA