Unsere Menschenrechtsarbeit darf nicht kriminalisiert werden!

Israelisches Militär versiegelt Büros palästinensischer Organisationen

 

Das israelische Militär hat die Büros von sieben palästinensischen Menschenrechts- und anderen zivilgesellschaftlichen Organisationen durchsucht und geschlossen. Wir verurteilen dieses Vorgehen ausdrücklich und fordern die sofortige Aufhebung der Terroreinstufung. Zwei der Menschenrechtsorganisationen – Al-Haq und Defense for Children International (DCI) – sind langjährige, erfahrene und international anerkannte Partnerorganisationen des Weltfriedensdienstes.

Wir fordern sofortige Aufhebung der Terroreinstufung

Die palästinensischen Menschenrechtsgruppen und ihr Engagement für Menschenrechte und Selbstbestimmung sowie gegen Besatzung, Diskriminierung und Vertreibung sind eine unentbehrliche Stimme für Frieden und Gerechtigkeit in der Region. Mit dem Verbot der Organisationen sollen kritische Stimmen, die sich für Völkerrecht und Menschenrechte einsetzen, zum Schweigen gebracht werden. Das können wir nicht akzeptieren. Wir fordern die Aufhebung der Terroreinstufung der sechs Organisationen. Wir hoffen sehr, dass eine endgültige Schließung der Organisationen abgewendet werden kann und dass die Einschüchterungsversuche des israelischen Militärs gestoppt werden. Dazu müssen sowohl die europäischen als auch die US-amerikanische Regierung sofort reagieren.

 

Erfahren Sie hier mehr zum Hintergrund

 

Die EU-Außenminister*innen sind besorgt über die Maßnahme des israelischen Militärs

In einer Gemeinsamen Erklärung der Außenministerien Belgiens, Dänemarks, Frankreichs, Deutschlands, Irlands, Italiens, der Niederlande, Spaniens und Schwedens erklärten diese am 18.08.2022 (Link zur Stellungnahme vom 18.08.2022: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2547844):

„Wir sind zutiefst besorgt über die Razzien, die am Morgen des 18. August 2022 stattfanden und Teil einer beunruhigenden Beschneidung des Handlungsspielraums der Zivilgesellschaft in den besetzten palästinensischen Gebieten sind. Diese Maßnahmen sind nicht hinnehmbar. Die fortgesetzte Beschneidung zivilgesellschaftlicher Handlungsmöglichkeiten in den besetzten palästinensischen Gebieten gibt weiterhin Anlass zur Sorge. An der Seite der zivilgesellschaftlichen Organisationen setzen wir uns unbeirrt für die Wahrung des Rechtes auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in den besetzten palästinensischen Gebieten ein.

Eine freie und starke Zivilgesellschaft ist für die Förderung demokratischer Werte und für eine Zweistaatenlösung unerlässlich. […]“

Indessen habe Israel „keine aussagekräftigen Informationen“ vorgelegt, die es rechtfertigen würden, die NGOs – wie Israel es getan hat – als Terrororganisationen einzustufen. Solange Israel keine Belege präsentiere, hält die Stellungnahme vom 12.07.2022 fest, „werden wir unsere Zusammenarbeit mit der Zivilgesellschaft in den besetzten Palästinensischen Gebieten und unsere deutliche Unterstützung für sie fortführen“.
(Link zur Stellungnahme am 12.07.2022: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2542050)

Die Europäische Union hatte die Suspendierung von Geldern an Al-Haq am 28.06.2022 beendet, nachdem die Kommission festgestellte hatte, dass die Aussetzung der Gelder „rechtswidrig und nicht frei von politischen Aspekten“ war.

Die UN-Sonderberichterstatterin für Menschenrechtsverteidiger*innen, Mary Lawlor, wies bereits Ende 2021 darauf hin, dass „Menschenrechtsverteidiger keine Terroristen sind und niemals auf diese Weise verleumdet werden sollten“. Das UN-Büro sieht für die Terrorbezeichnung „extrem vage oder irrelevante Gründe“ aufgelistet. Die Einstufung als terroristische Gruppe bedeute eine ernsthafte Beeinträchtigung der Arbeit dieser Gruppen und könne die Sicherheit ihrer Mitarbeiter*innen sowie der Opfer und Zeug*innen gefährden.

 

Ramallah, 18.08.2022 | Vor dem Al-Haq Büro nach der Schließung. Foto: Al-Haq

Was ist passiert?

Israelische Soldaten haben am 18.08.2022 die Büros von sieben palästinensischen Nichtregierungsorganisationen im besetzten Westjordanland durchsucht und geschlossen. Betroffen sind neben unseren beiden langjährigen Partnerorganisationen Al-Haq und Defence for Children International – Palestine, die Menschrechtsorganisation Addameer, Bisan Center for Research & Development, Union of Agricultural Workers Committees (UAWC) und Union of Palestinian Women’s Committees (UPWC) sowie die die Health Work Commitees, die schon 2020 zur illegalen Organisation erklärt worden sind.

Bei den Razzien in der Stadt Ramallah, dem Sitz der palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland, beschlagnahmten die Soldaten Klient*innenakten und Computer und verwüsteten die Büros. Anschließend verschweißten sie die Eingangstüren und hinterließen die gerichtliche Anordnung, die die Organisationen für geschlossen und zu illegalen Organisationen erklärte. Die NGOs setzen sich unter anderem für Menschenrechte, Kinderschutz und die medizinische Versorgung der Landbevölkerung in den besetzten palästinensischen Gebieten ein.

Der israelische Verteidigungsminister Benny Gantz hatte die Organisationen im Oktober 2021 zu „terroristischen Vereinigungen“ erklärt. Bis heute wurden keine Beweise für diese Vorwürfe vorgelegt (Link: https://www.auswaertiges-amt.de/de/newsroom/-/2542050). Deutschland und acht weitere EU-Staaten hatten im vergangenen Monat erklärt, dass sie an der Zusammenarbeit mit den betroffenen Organisationen festhalten, solange die Einstufung als Terrororganisation nicht durch Beweise gerechtfertigt sei.

 

Mehr Infos zum Hintergrund

Süddeutsche Zeitung, 26.08.2022

https://www.sueddeutsche.de/politik/israel-eu-usa-ngo-streit-1.5645795

Tagesschau, 18.08.2022
https://www.tagesschau.de/ausland/asien/razzien-ramallah-101.html

 

Was hat der Weltfriedensdienst damit zu tun?

Zwei der Menschenrechtsorganisationen sind langjährige, erfahrene und international anerkannte Partnerorganisationen des Weltfriedensdienstes.

Die Menschenrechtsorganisation Defense for Children International –Palestine dokumentiert Übergriffe und Verhaftungen palästinensischer Kinder und Jugendlicher durch das israelische Militär und verteidigt Kinder und Jugendliche in israelischen Militärgefängnissen anwaltlich.

Die Menschenrechtsorganisation Al-Haq dokumentiert Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsbrüche und gewährt Opfern Beistand. Ihre Arbeit befasst sich sowohl mit Rechtsbrüchen auf israelischer als auch auf palästinensischer Seite. Al-Haq ist für seine Arbeit mit mehreren internationalen Preisen ausgezeichnet worden. Die Menschenrechtsorganisation hat darüber hinaus einen beratenden Status beim Wirtschafts- und Sozialrat der Vereinten Nationen.

 

Bereits im Oktober 2021 haben wir uns klar gegen den Terrorvorwurf positioniert:

https://wfd.de/wfd-stellungnahme-terrorvorwurf-pse

 

Unsere Partner setzen sich unbeeindruckt für den Frieden in der Region ein

Unsere Partner berichten:
(Link: https://www.alhaq.org/advocacy/20459.html)

„Der Direktor von Al-Haq, Shawan Jabarin, wurde am 21.08.2022 telefonisch mit Verhaftung bedroht. Unbeeindruckt geht er weiter ins Büro und kämpft für die Einhaltung des internationalen Rechts.“

Und: „Der Direktor von DCI, Khaled Quzmar wurde am selben Tag zum Verhör beim Inlandsgeheimdienst Shin Bet einbestellt und wurde dort verwarnt. Ihm wurde im Falle der Fortsetzung seiner Arbeit mit Verhaftung gedroht.“

 

 

Mehr Infos zum Engagement des Weltfriedensdienstes in
Palästina/Israel finden Sie hier:

 

26.08.2022

Gepostet in: Aktuelles