Vom Straßenverkauf zum Onlineshop

Foto: Janet Juárez

Ausgerechnet Corona hat die Verwirklichung eines lang gehegten Vorhabens unserer argentinischen Partnerorganisation Prosoco möglich gemacht – den Aufbau einer Website für Kunsthandwerkprodukte und Informationen zur Vermarktung. Der Zugang zu zahlungskräftiger Kundschaft in weiter entfernten Großstädten Argentiniens wird damit vom Traum zur Realität. Das ist angesichts der pandemiebedingt gesunkenen Kaufkraft in der Projektregion ein großer Erfolg. Und auch in Zukunft wird die Website den Aktionsradius der indigenen Kleinstunternehmer*innen deutlich erweitern und ihnen damit neue Einkommenschancen ermöglichen.

Die Schaffung des kollektiven virtuellen Shops, den die Kleinstunternehmer*innen künftig selbst betreiben werden, war ihr ausdrücklicher Wunsch. Unterstützt wird das Vorhaben durch die Gemeinde Tartagal, die auch die nötige Infrastruktur zur Verfügung stellt. Beteiligte Partner konnten dafür gewonnen werden, einen Rotationsfonds zu gründen. Damit werden von den Produzent*innen Produkte angekauft, die dann im Online-Shop weiterverkauft werden.

 

WFD-Partner unter Corona-Bedingungen

Der Weltfriedensdienst unterstützt seit mehreren Jahren indigene Gruppen in der Provinz Salta dabei, ihre Marginalisierung zu überwinden. Diese werden bei ihren unternehmerischen Aktivitäten mit dem Ziel beraten, ein Leben in Würde ermöglichen.

Unser Einsatzgebiet, das Departamento San Martín, war zeitweilig die von Corona am stärksten betroffene Region in der Provinz Salta. Ein halbes Jahr lang galt ein hartes Ausgangsverbot, sämtliche sozialen Kontakte waren auf Null reduziert. Während des Lockdowns gab es deshalb weder Kunsthandwerksmessen, noch war der Verkauf von Kunsthandwerk auf öffentlichen Plätzen möglich. Die eingeschränkte Bewegungsfreiheit verhinderte auch den Besuch von Kunden bzw. Großkäufern in den indigenen Gemeinden. Zudem ging vielen Kleinstunternehmer*innen der Rohstoff aus, den sie normalerweise aus dem entfernteren Buschwald holen. So mussten sie die Produktion von Taschen, Tischdecken und anderen kunsthandwerklichen Produkten einstellen.

Die Beratung der Zielbevölkerung – oft sehr zurückhaltenden und schüchternen Frauen – bedarf des physischen Kontakts. Die Projektmitarbeiter*innen versuchten zwar, die Besuche durch virtuelle Kontakte zu ersetzen, aber dies gelang nur zum Teil. Fortbildungen und Beratungen zu Produktentwicklung und Vermarktung – ein wichtiger Bestandteil des Projekts – mussten zunächst ausfallen. Inzwischen hat sich das Projektpersonal soweit qualifiziert, dass es auch virtuelle Fortbildungen anbietet.

 

Argentinien: weltweit  längster Lockdown

Argentinien ist das Land mit dem weltweit längsten Lockdown. Von Mai bis Oktober galten je nach Provinz und Ort verschiedene Quarantäne-Stufen: Vielerorts gab es sehr streng gehandhabte Ausgangssperren, jegliche Reisen sowie Inlands- und Auslandsflüge waren suspendiert. Doch das Land hat das Coronavirus noch nicht in den Griff bekommen. Konzentrierten sich im Mai 93 % der Corona-Fälle in Buenos Aires, waren es im November nur noch 22 %, denn die Pandemie hat sich in die Provinzen verlagert.

Wie überall auf der Welt trafen die Lockdown-Maßnahmen auch in Argentinien die Ärmsten am Empfindlichsten. Um die negativen Pandemie-Auswirkungen abzumildern, legte die nationale Regierung immerhin mehrere Notprogramme auf, darunter das Programm der befristeten Familien-Nothilfe, das ca. 9 Mio. Familien zugute kam.

 

08.01.2021

Gepostet in: Argentinien: Indigene auf dem Weg in ein besseres Leben