Unsere Fachkräfte Bernhard Ortmann und Lukas Nagel berichten im Jahresbericht 2017, wie unsere Projekte zu einem nachhaltigen Frieden in Myanmar beitragen: wir stärken kritische DemokratInnen und bilden sie aus.

Die Welt schaut nach Myanmar. Doch tut sie das wirklich? Nach der ursprünglichen Euphorie der demokratischen Öffnung, den ersten freien Wahlen unter der Ikone Aung San Suu Kyi und dem Entsetzen des Westens über die Verfolgung der Rohingya sowie Berichten über rigorose Menschenrechtsverletzungen bleibt wenig Raum für andere Themen. Massiver Landraub und rücksichtsloser Ressourcen-Extraktivismus vertiefen alte Konflikte unter den zahlreichen Minderheiten Myanmars noch weiter.

Minderheiten von Rohstofferschließung und Infrastrukturprojekten betroffen

So bedeutsam Rohstofferschließung und Infrastrukturprojekte für Myanmars Entwicklung sind, so zerstörerisch sind stellenweise deren Folgen: Ganze Dörfer müssen wirtschaftlichen Großprojekten weichen und Familien das Land verlassen, von dem sie seit Generationen leben. Menschenrechtsstandards werden dabei so gut wie nie eingehalten. Besonders betroffen sind die ethnischen Minderheiten, die in den rohstoffreichen, wirtschaftlich wenig erschlossenen Gebieten nahe der Landesgrenzen leben.

Engagement für Frauenrechte und gegen Land Grabbing

Gemeinsam mit Partnerorganisationen arbeitet der Weltfriedensdienst in eben diesen Regionen: Entlang des Thanlwin, einem der letzten großen weitgehend freifließenden Flüsse Südostasiens, sieht sich die Bevölkerung mit den Folgen von geplanten Dammbauten, Bergbau- und anderen Großprojekten konfrontiert. Die Partnerorganisation Mong Pan Youth Association vermittelt im Shan State jungen Menschen die Kompetenz, sich gegen den grassierenden Landraub zu wehren. Sie lernen, belastbare Informationen zusammenzutragen, aufzubereiten und sie etwa durch Videodokumentationen ebenso breitenwirksam wie zielgerichtet publik zu machen.

Datenerhebung durch unseren Partner in Shan.

Im Mon State, wo der Thanlwin schließlich in die Andamanensee mündet, nimmt die Mon Women’s Organization die besonders leidtragenden Frauen und Kinder in den Blick: Mittels eines breiten Netzwerks lokaler Frauengruppen erhebt sie Informationen zur lokalen Problemlage. In Schulungen erlangen Frauen ein Bewusstsein für ihre Rechte und wie sie diese gemeinsam einfordern können.

Perspektiven für marginalisierte Jade-Sammler im Norden Myanmars

Im Norden Myanmars zwischen China und Indien befindet sich der Kachin State. Der seit Jahrzehnten währende Konflikt hier kann nur verstanden und bearbeitet werden, wenn man auch die Kriegsökonomie und die daraus entstehende Ressourcenverteilung berücksichtigt. Sie beruht auf der Ausbeutung von Jademinen, mit deren Profit sich die Kriegsparteien finanzieren. Hier engagiert sich unsere Partnerorganisation Naushawng Development Institute (NDI) mit Bildungsarbeit, Dialogprozessen und Forschung für Frieden. Junge, gut ausgebildete AbsolventInnen des einjährigen Programms setzen sich anschließend in den Kommunen für den Friedensprozess, Recht und staatliche Transparenz ein.

Im Rahmen dieser Ausbildung führen die Studierenden ihr eigenes kleines Forschungsprojekt durch. In Hpakant befinden sich die größten Jademinen der Welt. 2017 interviewten dort fünf NDI-Studierende 49 der extrem marginalisierten Jade-Sammler, die für einen kleinen Obolus in den aufgelassenen Minen nach kleineren Jadestücken suchen. Drangsalierung durch Sicherheitskräfte, sexuelle Gewalt, Mord, Drogenabhängigkeit und die Gefahr, in Erdrutschen begraben zu werden, gehören zum Alltag.

In ihrem wissenschaftlichen Bericht machen die ForscherInnen auf die Zustände hier aufmerksam und geben Politikempfehlungen. Die Gruppe entschied sich für dieses Thema, weil einer von ihnen, La Ja, seit dem 14. Lebensjahr ein Jade-Sammler gewesen war. Mit 21 Jahren bewarb er sich bei NDI und hat nun zum ersten Mal eine Perspektive. „Vor meiner Ausbildung bei NDI hatte ich kein Ziel im Leben, nur meinen Tageslohn in den Minen. Aber durch NDI habe ich mein Ziel gefunden. Besonders die LehrerInnen haben mich inspiriert.“ Seit Januar 2018 ist er ein vollangestellter Englischlehrer.

Bernhard Ortmann & Lukas Nagel, Myanmar – Unsere Mitarbeiter im Projekt Myanmar: Friedensprozesse auf Gemeindeebene fördern

28.09.2018

Gepostet in: Aktuelles, Myanmar: Friedensprozesse auf Gemeindeebene fördern